1. Holzappel im Jahr 1715
  2. Damm des Herthasees
  3. Stadtplan von 1876
  4. Holzappel
  5. Bergleute unter Tage

Das Fürstentum Nassau-Schaumburg

Der kaiserliche Generalfeldmarschall, Graf Peter Melander von Holzappel vererbte sein gesamtes Vermögen bis auf einige Legate an Kirchen und uneheliche Kinder mit verschiedenen Frauen seiner einzigen ehelichen Tochter Elisabeth Charlotte. Bis zu ihrer Volljährigkeit sollte sein Bruder Jakob von Holzappel Testamentvollstrecker sein. Sollte Elisabeth CHarlotte kinderlos bleiben sollte das gesamte Erbe an Jakob von Holzappel bzw dessen Nachkommen fallen. Seine Witwe, Gräfin Agnes erhielt nichts wegen "ihrer immerwährenden Wiedersetzlichkeit gegen uns und ihrer bösen haußhaltung" Agnes focht das Testament  an und erstritt vor Gericht in Köln in einem langwierigen Verfahren neben der Grafschaft Holzappel ein komfortables Kapitalvermögen, das auf rund 1,4 Millionen Reichstaler beziffert wurde. Jakob erhielt in dem Vergleich lediglich 100.000 Taler . Einen Teil des Vermögens  – die Rede ist von 75.000 Reichstalern – legte Agnes an, um kurz vor ihrem Tod (1656) die benachbarte Herrschaft Schaumburg mit dem markanten Schloss hoch über Balduinstein an der Lahn zu erwerben und mit der Grafschaft Holzappel zu vereinigen. Damit arrivierte die Grafentochter Elisabeth Charlotte als Universalerbin in Herrscherkreisen zu einer begehrten Partie. Ihre Vermählung mit dem Fürsten Adolf von Nassau-Dillenburg (1658) begründete nicht nur das neue Fürstentum Nassau-Schaumburg sondern machte sie zugleich zur Ahnfrau des nachfolgenden Fürstenhauses Anhalt-Bernburg-Schaumburg.

Fürst Adolf, der neue Herr auf Schaumburg, der am Schloss notwendige Renovierungen und Erweiterungen vornehmen ließ, starb bereits 1676 im Alter von 47 Jahren. Danach regierte die Melander-Tochter als „Fürstliche Frau Wittib zu Nassau-Schaumburg“ ihr kleines Reich über einen Zeitraum von 31 Jahren bis zu ihrem Tod im Jahre 1707 mit Tatkraft, Umsicht und staatsmännischer Klugheit. Eine spürbare wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung brachte die Erhebung des Dorfes Esten zur „Stadt Holzappel“ im Jahre 1688. Dazu trug nicht zuletzt die Nutzung des bereits von Peter Melander für die Grafschaft Holzappel erworbenen Münzrechtes in den Jahren 1685 bis 1695 bei: Zu den als offizielles Zahlungsmittel anerkannten Holzappeler Prägungen aus der Münzstätte Cramberg unter Elisabeth Charlotte gehörten unter anderem Hohlpfennig („Heller“), Albus, Gulden, Halbgulden („Batzen“), Kreuzer, Achtheller („Fettmännchen“). 

Ab 1687 nahm die Fürstin mehrere „Exilantenzüge“ der im Einflussgebiete des französischen Königs Ludwig XIV. verfolgten reformierten Waldenser und Wallonen auf und verteilte sie vor allem auf die Dörfer der Esterau rund um Holzappel. Dabei genossen die Flüchtlinge für die ersten 10 Jahre besondere Privilegien (Befreiung von Abgaben). Für eine weitere 58-köpfige Waldenser-Gruppe aus den Alpentälern von Piemont im heutigen Norditalien gründete die Elisabeth Charlotte im Jahre 1699 auf einer Anhöhe bei Holzappel das nach ihr benannte Dörfchen Charlottenberg. 200 Jahre später, 1899, setzten die Charlottenberger ihrer Wohltäterin ein Denkmal mit den Namen der Oberhäupter der Flüchtlingsfamilien, die in den ersten zehn „Waldenser-Häuschen“ eine Bleibe und eine neue Heimat fanden.   

Mit dem Tod Elisabeth Charlottes im Jahre 1707 fiel Nassau-Schaumburg in Ermangelung eines männlichen Erbfolgers an den Fürsten Lebrecht von Anhalt-Bernburg, der mit der Prinzessin Elisabeth Charlotte d. J., einer Tochter der umsichtigen und erfolgreichen Landesherrin auf Schloss Schaumburg vermählt war.