Die Ortsgemeinde Isselbach
Isselbach im Gelbachtal, seit 1973 als Verwaltungsgemeinschaft mit den früher selbstständigen Ortsteilen Giershausen und Ruppenrod vereinigt, wird im Jahre 1314 als Stammsitz einer Adelsfamilie „von Usselbach“ erwähnt. Bereits 1355 bildet der Ort zusammen mit Eppenrod eine eigene Vogtei. Ausgegrabene Tonscherben und Mauerreste weisen darauf hin, dass es nordöstlich des Dorfes, am Isselbach, einem Nebental des Gelbachs, eine weitere Ansiedlung mit dem Namen „Oberisselbach“ gab, die im 30-jährigen Krieg von marodierenden Soldaten vollkommen verwüstet wurde.
Um1500 ist die urige Isselbacher Kapelle mit dem spitzen, leicht schiefen Turm nachgewiesen. Das stilvolle kleine Gotteshaus in der Dorfmitte hat die fünf Jahrhunderte seines Bestehens dank mehrfacher erfolgreicher Renovierung bestens überstanden und dient noch heute als Versammlungsraum für die regelmäßigen Gottesdienste der evangelischen Kirchengemeinde Eppenrod mit Isselbach.
Im Jahre 1643 kam die Vogtei Isselbach zusammen mit der Esterau durch Kauf an den Grafen und Feldherrn Peter Melander von Holzappel. Melander - zu jener Zeit kaiserlicher Feldmarschall im 30-jährigen Krieg - erhob seine kleine Herrschaft noch im gleichen Jahr mit dem Segen des Kaisers Ferdinand III. zur reichunmittelbaren, freien „Grafschaft Holzappel“. Nach dem Soldatentod Melanders erweiterte seine Witwe, Gräfin Agnes, den Landbesitz durch den Erwerb der Herrschaft Schaumburg (1656). Unter der Tochter und Erbin, Elisabeth Charlotte, die mit dem Fürsten Adolf von Nassau-Dillenburg vermählt war, gingen die vereinigten Herrschaften Holzappel und Schaumburg als „Fürstentum Nassau-Schaumburg“ in die bewegte Geschichte der Esterau ein.
Die erste Schulstube der Gelbach-Gemeinde aus dem Jahre 1718 stand im „Hinterdorf“ (heute Birkenweg Nr.8). 1824 wurde die neue „Volksschule Isselbach“ in unmittelbarer Nähe der Kapelle erbaut, die auch die Kinder aus Giershausen und Ruppenrod zu besuchen hatten. Nach der Zusammenführung der Grund- und Hauptschüler der Region in der Mittelpunktschule Holzappel („Esterauschule“) im Jahre 1969 konnte die Gemeinde das repräsentative und denkmalgeschützte Gebäude nach umfangreichen Renovierungs- und Umbaumaßnahmen zu ihrem „Bürgerhaus“ umwidmen.
Ein besonderes Kapitel der Dorfgeschichte schrieb die Ansiedlung von Juden, die in das 14.Jahrhundert zurückreicht. „Um den Handel zu beleben“, so die urkundlich bezeugte Überlieferung, „nahm der Erzbischof von Trier als damaliger Landesherr im unteren Westerwald im Jahre 1319 jüdische Mitbürger in Isselbach auf.“ Hier gehörten ihre Nachfahren über Jahrhunderte hinweg als Viehhändler, Metzger oder Kaufleute mit einem kleinen Ladengeschäft in der Regel wie selbstverständlich zur Dorfgemeinschaft.
Das änderte sich ab dem 30.Januar 1933 mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten in Deutschland. Nach vorausgegangenen Anfeindungen durch fanatisierte Gesinnungsgenossen des „Führers“ und geschäftsschädigenden Behinderungen durch die nachgeordneten Behörden der Hitler-Diktatur kam es in der Pogrom-Nacht vom 9. auf den 10 November 1938 auch in Isselbach zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen die im Dorf noch verbliebenen jüdischen Mitbürger. SA-Trupps aus den Nachbarorten (u. a. aus Holzappel, Eppenrod und Nomborn) drangen in ihre Häuser ein, zerstörten das Mobiliar, schlugen auf ihre Bewohner ein und trieben sie hinaus auf die Straße. Nachdem sie zunächst im „Dorfbackes“ gefangen gehalten wurden, waren sie vorübergehend in einem Gebäude des „Karlsheims“ der katholischen Kirche in Kirchähr untergebracht. Von dort führte ihr Weg über Frankfurt in die Vernichtungslager der KZs Buchenwald, Auschwitz oder Theresienstadt.
Im November 2018, 80 Jahre nach dem Auftakt zur systematischen „Judenvernichtung“ im Namen des „Deutschen Volkes“, setzte die Evangelische Kirchengemeinde und Ortsgemeinde Isselbach auf Initiative der Pfarrerin Irene Vongehr (Eppenrod) den 18 nachgewiesenen Holocaust-Opfern ein würdiges Denkmal:
„ Zur Erinnerung
an die ermordeten Isselbacher Juden.
Sie waren unsere Nachbarn.“
(Beigefügt sind die Namen der Opfer mit ihren Geburts- und Sterbedaten.)