Die Esterau – Land zwischen Lahn, Gelbach und Daubach
„Astine praedia“
Die „Esterau“, lateinisch „Astine praedia“, ist das Gebiet rund um Holzappel, das einstige „Esten“: das Land zwischen Lahn, Gelbach und Daubach im unteren Westerwald, dem schon vor gut 1000 Jahren zumindest regional eine eigenständige Bedeutung zukam.
Der Name „Astine praedia“ – zu Deutsch: Estener Landgüter, kurz „Esterau“ – taucht nach gegenwärtigem Kenntnisstand erstmals urkundlich unter dem Datum 13.Februar 959 in Verbindung mit der Weihe der Kirche „St. Peter in Ketten“ im damaligen „Humbach“, dem heutigen Montabaur, auf. In jener Zeit war die Esterau Teil des fränkischen „Engersgaus“ und bildete im Osten die Grenze zum „Niederlahngau“. Die Engersgau gehörte zum Zehntgebiet der Kirche in Humbach (Montabaur) und unterstand damit dem Propst des St.Florin-Stiftes in Koblenz. Mittelpunkt der Esterau und Sitz des „Esten-Gerichts“ war der Ort „Astine“ („Asten“, „Esten“, „Estereygen“), das spätere Holzappel.
Über die Herkunft des recht ungewöhnlichen Ortsnamens gibt es verschiedene Erklärungsversuche. Während Dr. Rudolf Bonnet die Ansiedlung „Esten am Estenbache“ im Band VIII seiner „Nassovica“ (Frankfurt 1956) - über „Astinaha“ und „Aspinaha“ = Espenwasser - mit der Espe (Zitterpappel) ist Verbindung bringt, scheint die Deutung des in Bad Ems geborenen Professors für Volkskunde und Mundartforschers, Dr. Adolf Bach - Deutsche Namenskunde II: Die deutschen Ortsnamen (Heidelberg 1953) – naheliegender. Bach leitet Esten von „ast“, „est“ oder „eest“, in der Bedeutung von „Esse“ („Feuerherd“, „Schmelzofen“), ab. Demnach wäre Esten der Ort, wo solche Schmelzöfen zu finden waren – eine Namensdeutung, die im Hinblick auf die reichen Erzvorkommen in der Esterau durchaus nachvollziehbar ist. Nicht zuletzt die keltische Besiedlung des Lahngebietes ab dem 5.Jahrhundert v.Chr. – die Kelten waren Meister in der Metallbearbeitung – legt die Vermutung nahe, dass auch in der Esterau bereits zu jener Zeit Bronze gegossen und Eisen geschmiedet wurde.
In der „Humbacher“ Urkunde des Erzbischofs Heinrich von Trier aus dem Jahre 959 ist zugleich auch die Ausdehnung der kleinen Herrschaft rund um Holzappel relativ genau beschrieben. Ihre östliche Begrenzung bildete der Daubach („diufbach“, „diofbach“), von seiner Quelle südlich von Hirschberg bis zur Lahn („logana“) oberhalb von Balduinstein. Im Süden verlief die Grenze entlang der Lahn flussabwärts bis zur Einmündung des Gelbachs („anara“) gegenüber dem Kloster Arnstein bei Obernhof, um dann – im Westen – dem Lauf des Gelbachs aufwärts bis nach Giershausen zu folgen.
Die Nordgrenze der „astine praedia“ führte über den Höchst und berührte den damaligen Ortsrand von Hirschberg - das Dorf selbst, das bereits zum Niederlahngau und später zur Grafschaft Diez gehörte, „außen vor“ lassend. Nur so ist das Kuriosum zu erklären, dass die heutige Gemarkungsgrenze von Langenscheid als Teil der Esterau bis in das Neubaugebiet am Südwestrand Hirschbergs hineinreicht.Innerhalb der so beschriebenen Grenzen befinden sich die heutigen Dörfer Charlottenberg, Dörnberg (mit den Ortsteilen Dörnberg-Hütte und Kalkofen), Geilnau, Giershausen (als Ortsteil von Isselbach), Holzappel, Horhausen, Langenscheid, Laurenburg und Scheidt.
Die Gebietsteile der einstigen Vogtei Isselbach (auch „Usselbach“) mit Isselbach, Eppenrod und Ruppenrod wurden erst im Jahre 1643, im Zusammenhang mit dem Erwerb der Grundherrschaft durch den Grafen Peter Melander von Holzappel, mit der Esterau vereinigt und Teil der „Reichsgrafschaft Holzappel.