1. Holzappel im Jahr 1715
  2. Damm des Herthasees
  3. Stadtplan von 1876
  4. Holzappel
  5. Bergleute unter Tage

Das Schloss Schaumburg

Die Schaumburg, auf einem Basaltkegel hoch über der Lahn bei Balduinstein, wird im Jahre 1197 erstmals als Burgsitz der Grafen von Leiningen (Rheinpfalz) unter seinem früheren Namen „Schowenburg“ erwähnt. Nach mehreren Besitzerwechseln und Verpfändungen kam die kleine Herrschaft mit dem „Gericht Habenscheid“ und den Orten Biebrich, Cramberg und Steinsberg 1547 an die Grafen von Leiningen-Westerburg. Gut 100 Jahre später, im Jahre 1656, verkaufte der Leiningen-Westerburger Graf Georg Wilhelm das „Schaumburger Land“ samt Schloss für 75.000 Reichtaler an die Gräfin Agnes von Holzappel, die Witwe des Grafen und kaiserlichen Feldmarschall Peter Melander von Holzappel.

Mit der Erbtochter Elisabeth Charlotte, die mit dem Fürsten Adolf von Nassau-Dillenburg vermählt war, avancierten die beiden vereinigten Herrschaften 1656 zum neuen „Fürstentum Nassau-Schaumburg“. Der neue Landesherr ließ an der Schaumburger Residenz erhebliche Renovierungen und Erweiterungen vornehmen. Nach seinem frühen Tod bewährte sich Elisabeth Charlotte als „Fürstliche Frau Wittib“ ab 1676 über einen Zeitraum von 31 Jahren als umsichtige und kluge Regentin. Zu den bemerkenswerten Entscheidungen ihres Regierungshandelns gehört neben der Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge (ab 1687) und der Gründung des Waldenser-Kolonie Charlottenberg (1699) auch die Erhebung des Dorfes Esten zur „Stadt Holzappel“ (1688). Ihr Tod ohne einen männlichen Erben im Jahre 1707 markiert zugleich den Beginn einer neuen Schaumburg-Ära unter den Fürsten „Anhalt-Bernburg-Schaumburg“, eingeleitet durch die Verheiratung ihrer Tochter Elisabeth Charlotte d. J. mit dem Fürsten Lebrecht von Anhalt-Bernburg. Von besonderer Bedeutung für die Esterau war die Förderung des Erzbergbaus in der Grube Holzappel unter dem Anhalt-Fürsten Carl Ludwig.

Zu den herausragenden Stationen in der Geschichte des Schlosses und der Standesherrschaft Schaumburg zählen die zwei Jahrzehnte von 1847 bis 1867 unter dem Erzherzog Stephan von Österreich. Stephan hatte die Standesherrschaft im neuen Herzogtum Nassau von seiner Mutter Hermine geerbt, der Tochter des letzten regierenden Anhalt-Fürsten Victor Carl Friedrich und Gemahlin des Erzherzogs Joseph von Österreich. Mit dem kunstsinnigen und universal gebildeten Standesherrn, der den stark herunter gekommenen Herrensitz zu einem prächtigen neugotischen Schloss umbauen ließ, entwickelte sich die neue Schaumburg mit ihrem einzigartigen „Mineraliencabinet“ und einer wertvollen Bibliothek zu einem viel besuchten Anziehungspunkt für Wissenschaftler und Gelehrte aus halb Europa. In guter Erinnerung geblieben ist zudem die soziale Einstellung des populären „Landesvaters, die unter anderem mit seinen Stiftungen zugunsten seiner Not leidenden Untertanen sowie die Förderung der Schulen und Kirchen seines Standesgebietes belegt ist.   

Der 1867 ehe- und kinderlos verstorbene Erzherzog hatte mit seinem „Letzten Willen“ den Großherzog Georg Ludwig von Oldenburg, den zweiten Sohn seiner Vetters und Freundes Peter von Oldenburg, zu seinem Nachfolger bestimmt. Nach einem 20-jährigen, bis zum Reichsgericht in Leipzig erbittert ausgetragenen Erbschaftsstreit fiel der gesamte Schaumburger Besitz 1887 an den Fürsten Georg Victor zu Waldeck und Pyrmont, einen weiteren Vetter Stephans, der das Testament erfolgreich angefochten hatte. Unter ihm und seinem Sohn Friedrich war die Schaumburg mit ihrer Aussichtskanzel in luftiger Höhe, zusammen mit dem Hotel, Gasthof und Café „Waldecker Hof“, ein beliebtes und viel  besuchtes Ausflugsziel.

Das wenig ruhmvolle Ende der Standerherrschaft Schaumburg leitete Friedrichs Sohn, Erbprinz Josias ein. Als glühender Hitler-Verehrer, hoher SS-Führer und Oberster Gerichtsherr des Konzentrationslagers Buchenwald war Josias tief verstrickt in die unheilvolle und menschenverachtende Ideologie der Nazi-Diktatur in Deutschland (1933-1945). Als sein Vater 1946 verstarb, war er wegen seiner Mitverantwortung für die KZ-Morde und als Kriegsverbrecher angeklagt und zunächst zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Das Strafmaß ist später auf dem Gnadeweg  in fünf Jahre Arbeitslager und Einziehung erheblicher Teile seines Vermögens abgeändert worden. Bereits 1950 wurde Josias „wegen Krankheit“ auf die Schaumburg entlassen. Dort verstarb er 1967 im Alter von 71 Jahren. Unter seinem Sohn und Nachfolger, Fürst Wittekind zu Waldeck und Pyrmont, geriet das Wirtschaftsunternehmen Schaumburg zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten.

Das lag zum Teil daran, dass die Gewinne aus dem Waldbesitz infolge hoher Bewirtschaftungskosten und steigender Konkurrenz  auf dem Weltmarkt ständig zurückgingen. Dazu kamen erhebliche Fehlinvestitionen für ein groß angelegtes Freizeitprojekt „Ferienpark Herthasee“ bei Holzappel, das sich als nicht vermarktbar erwies.

Das Ergebnis: 1984 sah sich Wittekind gezwungen, das Schloss mit dem gesamten Landbesitz von rund 1,350 ha „unter Preis“ -  wie Insider wissen wollten – an die Fa. Doblinger Schwabenbau (München) zu verkaufen. Dazu gehörten allein 1.175 ha Wald, die mittlerweile - Teilstück für Teilstück - neue Eigentümer gefunden haben.

Das Schloss selbst und sein unmittelbares Umfeld gehört -  nach mehrmaligem Besitzerwechsel mit geplatzten Zukunftsperspektiven – seit 2012 der türkischen „Schloss Schaumburg GmbH“ mit dem alleinigen Geschäftsführer Bilgic Ertürk. Ob ihre Idee von der zukünftigen Nutzung des Schlosses als Sitz eines „Internationalen Weininstituts“ mit Terrassengärten und Baumhotels jemals verwirklichen können, ist einstweilen nicht absehbar.

Hoffnung auf  den zeitnahen öffentlichen Zugang zu einigen Innenräumen des verwaisten Kulturdenkmals machen indessen die aktuellen Vorbereitungen zur Einrichtung eines Museums „Schloss Schaumburg“ mit interessanten Einblicken in seine unverwechselbare Geschichte.