Das Fürstentum Anhalt-Bernburg-Schaumburg
Mit dem Tod Elisabeth Charlottes im Jahre 1707 kam Nassau-Schaumburg in Ermangelung eines männlichen Erbnachfolgers durch die Vermählung ihrer Tochter, Prinzessin Elisabeth Charlotte d. J., an den Fürsten Lebrecht von Anhalt-Bernburg (1707-1727). Mit ihm begann unter dem neuen Namen „Anhalt-Bernburg-Schaumburg“ die gut 100 Jahre währende Herrschaft der Anhalt-Fürsten an der Lahn.
Über Lebrecht ist vor allem seine Widersetzlichkeit gegenüber seiner selbstbewussten Schwiegermutter überliefert, die zum öffentlich ausgetragenen Streit um die Regierungsgewalt auf Schloss Schaumburg ausartete. Dem jungen Heißsporn, der bereits seit 1690 mit der Schaumburger Erbtochter vermählt war, dauerte es zu lang, bis die „Fürstliche Frau Wittib“ von ihrer Alleinherrschaft abließ. Bereits Jahre vor ihrem Tod verlangte er eine „Mitherrschaft“ und berief sich dabei auf einen offensichtlich nicht eindeutig formulierten Passus im Ehevertrag.
In die heftig ausgetragene Kraftprobe waren zahlreiche Bürgermeister, Pfarrer und weitere Personen des öffentlichen Lebens verwickelt. Ihnen warf Elisabeth Charlotte vor, dem Prinzen nahe zu stehen, der „Konspiration und Aufwiegelung“ gegen sie betriebe. Sie veranlasste für den 12. und 13. August 1696 eine groß angelegte „Zeugenbefragung“, wozu 16 Personen auf Schloss Schaumburg vorgeladen waren. Als Ergebnis ließ sie gegen die „Abtrünnigen“ wegen „wider ihren Eid und ihre Pflichten begangener Untreue“ harte und abschreckende Urteile verkünden. So wurden der Stadtbürgermeister Michael Neuper, Pfarrer Scholl und der Schulmeister von Holzappel ihres Amtes enthoben. Bürgermeister Tönges Schneider aus Dörnberg musste 14 Tage ins Gefängnis; Geldstrafen zwischen 6 und 20 Gulden gab es für den Vogt von Isselbach, die Bürgermeister von Geilnau, Giershausen und Laurenburg sowie weitere Personen aus Eppenrod, Horhausen, Langenscheid, Ruppenrod und Scheidt, Das harte Durchgreifen der Fürstin verfehlte schließlich auch bei dem ungeduldigen Prinzen seine Wirkung nicht: Am 21. Juli 1700 überwand sich Lebrecht, seine Schwiegermutter „in herzlicher söhnlicher Reue“ um „fürstmütterliche Vergebung“ zu bitten.
Über Lebrechts Sohn und Nachfolger, Fürst Victor Amadeus Adolph (1727-1772) wird berichtet, dass er 1734 die Hauptstraße der Stadt Holzappel mit Stein pflastern und den ersten Brunnen mit dem anhaltischen Bären vor dem Rathaus errichten ließ. In seine Regierungszeit fällt überdies der Beginn des Erzbergbaus der „Grube Holzappel“. Mit einer Belehnungsurkunde vom 19. November 1751 ermächtigte er seinen Sohn Carl Ludwig, „untig der Stadt Holzappel, in dem rechter Hand des Bachs gelegenen Wald, die Johannishecke genannt, einen Bergbau anzulegen und auf Gott und das Glück allerhand Metalle und Mineralien ausfindig zu machen“.
Fürst Carl Ludwig (1772-1806) war im Gegensatz zu seinem ausgabefreudigen Vater, der als Schuldenmacher in die Geschichte des Schaumburger Landes eingegangen ist, ein äußerst sparsamer und sittenstrenger Landesvater. Mit zahlreichen Verordnungen versuchte er, auf den Lebenswandel seiner Untertanen einzuwirken. Beredte Beispiele sind seine Dekrete gegen das „Laster der Trunkenheit“ und die Verschwendungssucht bei Hochzeits-, Kindtaufs- und Begräbnismahlzeiten sowie das „unnötige Traueranlegen“.
Besonders bemerkenswert ist sein Eifer bei der Förderung des Bergbaus in der Esterau, in dem vorwiegend Blei und Silber, später auch Kupfer und Zink, abgebaut wurden. Während seiner Regierungszeit wuchs die Belegschaft der Grube Holzappel von 200 auf 460 Mitarbeiter. 1774 ließ Carl Ludwig den „Holzappeler Bergtaler“ prägen, einen Ausbeutetaler aus reinem Silber, der bis in unsere Gegenwart eine besondere Wertschätzung bei den Numismatikern genießt.
Mit Carl Ludwigs Sohn, dem Fürsten Victor Carl Friedrich (1806-1812) begann für das Schaumburger Land an der Lahn eine neue Epoche der Zeitrechnung. Als Folge des „Reichsdeputationshauptschlusses“ von 1803 und der „Rheinbundakte“ (1806), mit der sich die west- und süddeutschen Fürsten auf die Seite des Franzosenkaisers Napoleon Bonaparte als dem zu erwartenden zukünftigen Herren Europas stellten, wurden die kleinen reichsunmittelbaren Herrschaften und Besitzungen „mediatisiert“. Dabei verlor auch das Fürstentum Anhalt-Bernburg-Schaumburg seine Selbstständigkeit und ging in dem neu gegründeten Herzogtum Nassau auf.
Die „Bundesakte“ des Wiener Kongresses (1815) indessen sicherte den Mediatisierten ihre Adelsvorrechte wieder zu. Damit blieben die „Regalien“ (Rechte) und Privilegien der Standesherren – wie Frondienste („Hand- und Spanndienste“) und Zehntabgaben der Untertanen – auch für Schaumburg vorerst bestehen.
Mit dem Tod des Fürsten Victor Carl Friedrich im Jahre 1812 endete die 105-jährige Herrschaft des Hauses Anhalt auf Schloss Schaumburg. Über seine Witwe, die Fürstin Amalie von Nassau Weilburg (1812-1841) kam Holzappel-Schaumburg an die Tochter, Fürstin Hermine und - über deren Ehegatten Erzherzog Joseph von Österreich (1841-1847) - schließlich an den gemeinsamen Sohn Erzherzog Stephan (1847-1867).